gegründet 1918 in Wittenberg

Rundbrief März 2013

An die Mitglieder, Freunde und Förderer der Luther-Gesellschaft                                       im März 2013      

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der Luther-Gesellschaft,

als Person war Luther gewiss kein toleranter Mensch. Die kritische Auseinandersetzung, das Einreißen der Mauern der Romanisten, das Ringen um die Wahrheit und am meisten die assertio, die feste Gewissheit und Bestätigung des Glaubens waren seine Haltung - nicht die freundliche Disputation, in der jeder Toleranz übt und einer den anderen gelten lässt.

Luther hat es allerdings am eigenen Leib nicht anders erfahren. Nicht mit Toleranz bei einer seinerzeit kirchenrechtlich in der Tat noch nicht endgültig geklärten Frage begegnete ihm die römische Hierarchie, als er seine 95 Thesen über die (geringe) Kraft des Ablasses veröffentlichte. Vielmehr reagierte Rom mit der Forderung nach Widerruf, später mit der Verdammung seiner Schriften und dem Kirchenbann gegen seine Person, noch später durch das Intrigieren beim Kaiser, der Luther schließlich für vogelfrei erklärte: Jeder, der Luther irgendwo traf, hätte ihn ungestraft töten dürfen.

Luther selbst schätzte sich und sein Temperament ganz richtig ein. Einmal verglich er sich und seinen Freund und Mitstreiter Philipp Melanchthon mit zwei unterschiedlichen Gärtnern: „Ich muss die Klötze und Stämme ausrotten, Dornen und Hecken weghauen“ charakterisierte er sich selbst. „Aber Magister Philippus fähret säuberlich und still daher, bauet und pflanzet, säet und begeußt mit Lust“.

Trotzdem markieren Luther und die Reformation einen wesentlichen Schritt in der Entwicklung neuzeitlich aufgeklärter Toleranz. Denn: Recht verstandene Toleranz lebt von Positionalität - davon, dass gefestigte, klare Positionen auf Augenhöhe einander begegnen. Solche Positionalität lässt sich bei Luther lernen. Zu der Wahrheit, die sich ihm aus der Heiligen Schrift erschlossen hat, steht er vor dem Kaiser in Worms: „Wenn ich nicht durch Schriftworte oder einen klaren Grund widerlegt werde ..., so bin ich durch die von mir angeführten Schriftworte überwunden“. Argumentationsoffen für Gründe der Vernunft und Einsichten der Schrift, aber kritisch gegenüber tradierten Autoritäten - das ist die Positionalität, die Luther vertritt. Eben solche Positionalität ist die Voraussetzung dafür, dass Toleranz gelingt und nicht nur Ignoranz bleibt.

Durch den Erfolg der Reformation standen die europäischen Gesellschaften vor der Aufgabe, sich so zu organisieren, dass verschiedene Glaubensrichtungen nebeneinander stehen und leben konnten. Das war zunächst schlecht gelungen, nämlich nur mit einer regionalen Ausgliederung (cuius regio, eius religio). Nach 200 Jahren gelang es zunehmend besser. Auch dabei kam übrigens (zuerst in der reformierten Niederlanden) eine biblische Einsicht zum Tragen: Man kann tolerieren, dass andere einen Glauben vertreten, den man selbst für falsch hält, denn Jesus selbst verbietet im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen: Nein! Reißt das Unkraut jetzt nicht aus, „damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut jätet!“ (Mt. 13,9)

So haben Luther und die Reformation wesentliche Impulse zur Entwicklung unseres heutigen Verständnisses von Toleranz gegeben.

Dem Thema Reformation und Toleranz ist auch unsere Jahrestagung gewidmet, die vom 20. bis 22. September in Hofgeismar stattfindet, in Zusammenarbeit mit der dortigen Evangelischen Akademie. Die  Wahl  des  Tagungsortes  verdankt  sich  auch  der  Tatsache,  dass  die  Landgrafschaft Hessen im

17. Jahrhundert zu denjenigen Territorien gehörte, die französische Glaubensflüchtlinge in großer Zahl aufgenommen haben. Eine Einladung zur Tagung erhalten Sie mit dem nächsten Rundbrief im Juni.

In Hofgeismar wird, nach fünf Jahren, satzungsgemäß eine Mitgliederversammlung stattfinden. Sie hat auch einen neuen Vorstand zu wählen. Es stehen mehrere Veränderungen im Vorstand an. Der gegenwärtige Vorstand würde sich über eine lebhafte Teilnahme an der Mitgliederversammlung freuen.

Wir laden Sie herzlich ein zum Besuch unseres Standes auf dem Kirchentag in Hamburg (1.-5. Mai 2013). Die Luther-Gesellschaft wird, wie schon in den letzten Jahren,  wieder einen Gemeinschaftsstand mit dem Kirchenkreis Wittenberg haben. Frau Grabner, Frau de Buhr und andere Mitarbeiter werden Sie gern auf dem „Markt der Möglichkeiten“ (Messehalle A 1, Stand C49) begrüßen. Sie können sich, wie immer, auch auf eine Überraschung gefasst machen.

Wir bitten Sie – sofern noch nicht geschehen – um eine zeitnahe Überweisung Ihrer Mitgliedsbeiträge. Bitte beachten Sie dabei unser neues Konto bei der Sparkasse Wittenberg, BLZ 80550101, Konto Nr. 101009305. Sofern Sie einen Dauerauftrag erteilt haben, ändern Sie diesen bitte ggf. zugunsten des neuen Kontos. Besser wäre allerdings die Erteilung einer Einzugsermächtigung – sie erleichtert Ihnen die Arbeit.

Wie wir gehört haben, ist es in letzter Zeit zu Unregelmäßigkeiten in der Zustellung von Zeitschrift und Jahrbuch gekommen. Sollten Sie die Ihnen zustehenden Publikationen nicht oder nicht rechtzeitig erhalten haben, teilen Sie das bitte der Geschäftsstelle mit, damit wir von dort aus für Abhilfe sorgen können.

Viele Mitglieder würden inzwischen die Zusendung des Rundbriefs per E-Mail vorziehen. Eine solche Umstellung  ist  aus  Kostengründen  auch  in  unserem  Sinne.  Wir wären Ihnen sehr dankbar für eine

E-Mail an die Geschäfstsstelle, in der Sie erklären, dass Sie den Rundbrief künftig auf diesem Wege erhalten möchten. Wer die Rundbriefe weiter mit der Post erhalten will, wird sie wie gewohnt bekommen.

Wir wünschen Ihnen persönlich und für Ihre Arbeit Gottes Segen und ein gutes Jahr. Wir freuen uns auf Begegnungen mit Ihnen und sind mit vielen freundlichen Grüßen

I h r e

Prof. Dr. Dr. Johannes Schilling Direktor Pfarrer Dr. Reinhard Brandt
Erster Präsident Zweiter Präsident

letzte Änderung: Dienstag, 06. September 2016